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Saturday, February 7, 2009

Schlecht, sehr schlecht......

Schlecht für die Juden

Der Krieg gegen Gaza hat die Zukunftsaussichten Israels verschlechtert und befördert den Antisemitismus in der Welt

Von Eric Hobsbawm *

Drei Wochen lang ist die Barbarei vor einem weltweiten Publikum gezeigt worden, das zugeschaut, sich seine Meinung gebildet und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Israels bewaffneten Terror gegen 1,5 Millionen Einwohner, die seit 2006 im Gaza-Streifen blockiert werden, zurückgewiesen hat. Niemals zuvor wurden die offiziellen Rechtfertigungen für die Invasion offensichtlicher durch die Kombination von Fernsehbildern und Arithmetik widerlegt; oder der Neusprech von »militärischen Zielen« durch die Bilder von blutenden Kindern und brennenden Schulen. Dreizehn Tote auf der einen Seite, 1360 auf der anderen: Es fällt nicht schwer, herauszufinden, welche Seite das Opfer ist. Viel mehr braucht niemand über Israels entsetzliche Operation in Gaza zu sagen.

Außer denen unter uns, die Juden sind. In einer langen und unsicheren Geschichte als Volk in der Diaspora hat unsere natürliche Reaktion auf öffentliche Ereignisse unvermeidlich die Frage enthalten: »Ist es gut oder schlecht für die Juden?« In diesem Fall ist die Antwort unmißverständlich: »Schlecht für die Juden«.

Es ist offensichtlich schlecht für die 5,5 Millionen Juden, die in Israel und in den seit 1967 besetzten Gebieten leben. Ihre Sicherheit wird durch militärische Aktionen gefährdet, die israelische Regierungen in Gaza und im Libanon unternehmen. Solche Aktionen zeigen deren Unfähigkeit, die erklärten Ziele zu erreichen, und verewigen und intensivieren Israels Isolation im feindlichen Nahen Osten. Weder Völkermord noch Massenaustreibung der Palästinenser aus dem, was von ihrem Land übriggeblieben ist, noch etwaige Zerstörung des Staates Israel stehen auf irgendeiner Tagesordnung praktischer Politik. Nur ausgehandelte Koexistenz unter gleichen Bedingungen zwischen den beiden Konfliktparteien kann eine stabile Zukunft gewähren. Jedes neue militärische Abenteuer wie in Gaza und Libanon wird eine solche Lösung erschweren und die israelische Rechte und die Siedler in der Westbank stärken, die sowieso diese Lösung nicht wollen.

Ebenso wie der Libanon-Krieg im Jahre 2006 hat der Gaza-Krieg Israels Zukunftsaussichten verdüstert. Er hat auch die Aussicht für die neun Millionen Juden verdüstert, die in der Diaspora leben. Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Kritik an Israel bedeutet nicht unbedingt Antisemitismus, aber Israels Regierungshandlungen rufen Scham unter den Juden und heute mehr Antisemitismus als alles andere hervor. Seit 1945 haben Juden, innerhalb und außerhalb Israels, enorm von dem schlechten Gewissen jener westlichen Welt gezehrt, die jüdische Einwanderung in den 1930er Jahren verweigerte, Völkermord beging oder darin versagte, ihm zu widerstehen. Wieviel von dem schlechten Gewissen, das praktisch 60 Jahre lang Antisemitismus im Westen ausgeschlossen und ein goldenes Zeitalter für die Diaspora produziert hat, ist heute übrig- geblieben?

Israel ist, wie Gaza zeigt, nicht das Opfervolk der Geschichte, auch nicht das »tapfere kleine Israel« der Jahre 1948 bis 1967, wie es der Mythos von einem David, der all seine ihn umgebenden Goliaths besiegt haben will. Israel verliert das internationale Wohlwollen so schnell wie die Vereinigten Staaten es unter George W. Bush verloren, und zwar aus ähnlichen Gründen: nationalistische Blindheit und Größenwahn militärischer Macht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem, was gut ist für Israel, und dem, was gut für alle Juden in der Welt ist. Aber bis es eine gerechte Antwort auf die palästinensische Frage gibt, ist und kann es nicht dasselbe sein. Und dies zu sagen, ist heute für Juden unumgänglich.

Eric Hobsbawm ist Historiker und lebt in Großbritannien. Sein Artikel erschien zuerst in London Review of Books (www.lrb.co.uk). Übersetzung: Friedrich-Martin Balzer und Georg Fülberth

* Aus: junge Welt, 3. Februar 2009



"Bad for the Jews"

by Eric Hobsbawm

For three weeks barbarism has been on show before a universal public, which has watched, judged and with few exceptions rejected Israel's use of armed terror against the one and a half million inhabitants blockaded since 2006 in the Gaza Strip. Never have the official justifications for invasion been more patently refuted by the combination of camera and arithmetic; or the newspeak of 'military targets' by the images of bloodstained children and burning schools. Thirteen dead on one side, 1360 on the other: it isn't hard to work out which side is the victim. There is not much more to be said about Israel's appalling operation in Gaza.

Except for those of us who are Jews. In a long and insecure history as a people in diaspora, our natural reaction to public events has inevitably included the question: 'Is it good or bad for the Jews?' In this instance the answer is unequivocally: 'Bad for the Jews'.

It is patently bad for the five and a half million Jews who live in Israel and the occupied territories of 1967, whose security is jeopardised by the military actions that Israeli governments take in Gaza and in Lebanon; actions which demonstrate their inability to achieve their declared aims and which perpetuate and intensify Israel's isolation in a hostile Middle East. Since genocide or the mass expulsion of Palestinians from what remains of their native land is no more on the practical agenda than the destruction of the state of Israel, only negotiated coexistence on equal terms between the two groups can provide a stable future. Each new military adventure, like the ones in Gaza and Lebanon, will make such a solution more difficult and will strengthen the hand of the Israeli right wing and the West Bank settlers who do not want it in the first place.

Like the war in Lebanon in 2006, Gaza has darkened the outlook for the future of Israel. It has also darkened the outlook for the nine million Jews who live in the diaspora. Let me not beat about the bush: criticism of Israel does not imply anti-semitism, but the actions of the government of Israel occasion shame among Jews and, more than anything else, they give rise to anti-semitism today. Since 1945 the Jews, inside and outside Israel, have enormously benefited from the bad conscience of a Western world that had refused Jewish immigration in the 1930s before committing or failing to resist genocide. How much of that bad conscience, which virtually eliminated anti-semitism in the West for sixty years and produced a golden era for its diaspora, is left today?

Israel in action in Gaza is not the victim people of history, nor even the 'brave little Israel' of 1948-67 mythology, a David defeating all its surrounding Goliaths. Israel is losing goodwill as rapidly as the US did under George W. Bush, and for similar reasons: nationalist blindness and the megalomania of military power. What is good for Israel and what is good for the Jews as a people are evidently linked, but, until there is a just answer to the Palestinian question, they are not and cannot be identical. And it is essential for Jews to say so.

Eric Hobsbawm's most recent book is "Globalisation, Democracy and Terrorism".

Source: London Review of Books, 15 January 2009;

Der Gazastreifen: Eine humanitäre Implosion

Der Gazastreifen: Eine humanitäre Implosion
Der Bericht von Oxfam, Save the Children, Care International, Christian Aid und amnesty international - jetzt auf Deutsch (pdf-Datei) (5. Februar 2009)